Bitterer Kommentar zur avisierten Erhöhung der Fahrkarten- und Ticketpreise im Bahnverkehr – mit Blick ins Grab der ‚Verkehrswende‘
An politischer Dreistigkeit und Ignoranz ist es schwer zu überbieten, dass in der herrschenden Situation auch nur darüber nachgedacht wird, die Preise für das Deutschlandticket zu erhöhen. Es gilt (oder galt?) eine Verkehrswende zu stemmen, als Teil der Maßnahmen um die Klimakrise auch nur halbwegs in den Griff zu bekommen und einen globalen Kollaps weitestmöglich abzuwenden. Mitten in der brodelnden weltklimatischen Lage toppt der jetzige Verkehrsminister (der mit dem euphemistischen Namen) im Zusammenspiel mit seinem Finanzaufseher die nahezu lückenlose Reihe jener Amtsvorgänger mit Realitätsverlust oder -ausblendung (welch Letztere als mehr oder weniger bewusste Täuschung noch schwerer wiegt). Anstatt wirkungsvolle und wirksame Zeichen zu setzen, werden weich-eiernde Schlingerkurse zugunsten der zerstörerischen Verkehrsformen protegiert, wird ein Schmusekurs gegenüber den Individual-Zerstörungs-Verkehrs-Fetischisten gefahren. Welch ein Armutszeugnis aus dem Reichtum heraus!
Angesichts der geradezu explosionsartigen Zunahme von Pannen, Kollapsen und GAUs bei der Bahn kann man/frau sich oft des Eindrucks kaum erwehren, dass der umweltverträgliche öffentliche Verkehr mit Ansage deattraktiviert, der breiten Bevölkerungsmehrheit weiter madig gemacht wird, um dem automobilen Egoistentum anachronistischerweise eine abermalige Renaissance zu bescheren. Dafür wurde in jahrzehntelanger Verschleppungsarbeit der Öffentliche Personen(nah)verkehr sehenden Auges, mutwillig und grob fahrlässig an die Wand getrieben, bis die Verhältnisse so unterirdisch wurden, dass in vielen Regionen nur noch härtest gesottene Überzeugungstäter dem so genannten ÖPNV die Treue halten: angesichts von häufigen Zugausfällen aufgrund Stellwerkunterbesetzung und sonstigen Personalmangels, technischer Defekte, horrender Desorganisation trotz (oder wegen) fortschreitender Digitalisierung, desaströser Informations- und Kommunikationsverhältnisse, einer eklatanten und in beruflichen Kontexten schlicht unzumutbaren NichtVerlässlichkeit, vom reihenweise menschenunwürdigen, oft genug menschenverachtenden Zustand unserer Bahnhöfe gar nicht weiter zu reden.
Anstatt den Auftrag einer passablen Daseinsvorsorge politisch zu erfüllen, wurden in kurzsichtig betriebswirtschaftlichem Vorgehen desolate Verhältnisse billigend in Kauf genommen (sei es, um Aktionäre zu akquirieren oder zu hofieren, sei es aus populistischen Motiven). Mehrere Generationen lobbyismusgesteuerter Verkehrsminister samt ihren Regierungen haben den Ist-Zustand zu verantworten, was gerechterweise als grobe Fahrlässigkeit in Tateinheit mit Bestechlichkeit zu ahnden wäre.
Und anstatt reumütig endlich gegenzusteuern, was wird getan? Die Preise, um ein marodes System nutzen zu können, werden weiter erhöht – wieder einmal mit der Ausrede vermeintlicher Sachzwänge. Das ist nicht nur eine bodenlose Frechheit, sondern kann oder muss als Versuch gesehen werden, dem zukunftsfähigklimafreundlichen Verkehr aus niederen Interessen endgültig den Todesstoß zu versetzen. Da haben wir’s mit einem Offenbarungseid jahrzehntelangen politischen Versagens zu tun und bekommen zugleich Lehrstück für die Verhängnisse eines marktwirtschaftlich orientierten kapitalistisch-‚liberalen‘ Systems geliefert! Und darüber, wie dieses sogar gegen jene Bürger arbeitet, die es selbst gewählt und gewollt haben – und wie es den nachfolgenden Generationen die Türen zu einem friedlichen, gerechten und solidarischen Zusammenleben verschließt.
WWL, Oktober 2024