Paules Bauplatz-Boom

In den letzten Monaten hat Bürgermeister Paule diverse Bauleitplanungen losgetreten und planerisch einen wahren Bauplatz-Boom für zukünftigen Haus- und Wohnungsbau in Gang gesetzt.

In der Planungspipeline für die Alsfelder Kernstadt befinden sich etwa 669 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern und ca. 149 Einfamilien- und Reihenhäuser.

Hintergrund dieser Aktivitäten ist die Überzeugung, dass Alsfeld in den kommenden Jahren einen erheblichen Einwohnerzuwachs zu erwarten hätte und sich mit einem entsprechenden Wohnraumangebot vorbereiten müsse.

Diese Prognosen des Bürgermeisters in die Zukunft basieren aber eher auf einem Bauchgefühl, denn auf soliden Untersuchungen oder Schätzungen.

Viele ländliche Kommunen im Land hoffen darauf, an einem Trend des Zuzugs aufs Land teilhaben zu können. So hört man es auch immer wieder in Alsfeld. Mit der Lehrerakademie und vor allem vielen neuen Arbeitsplätzen bei den Firmenansiedlungen am Weißen Weg solle ein enormer Schub für die Bevölkerungsentwicklung stattfinden.

Und tatsächlich verzeichnet die hessische Statistik 2022 für Alsfeld gegenüber 2021 einen Zuwachs von 232 Bürgerinnen und Bürgern. Doch eine genauere Betrachtung relativiert das Ergebnis.

In Alsfeld werden weniger Menschen geboren als versterben, 2022 waren es 103 mehr Sterbefälle als Lebendgeburten.
Die hessische Statistik unterscheidet bei der Bevölkerungsentwicklung die deutsche und nichtdeutsche Bevölkerung. Der deutsche Bevölkerungsanteil ist gegenüber 2021 um 148 Personen zurückgegangen, der Nichtdeutsche hat um 380 zugenommen.

Bei der deutschen Bevölkerung ist der Anteil der über-65-jährigen bei 28%. Das heißt, dass vor allem ein hohes Augenmerk auf die Schaffung altersgerechter Wohnungen gelegt werden müsste.

Wir wissen nun nicht, wie hoch der Anteil von den Nichtdeutschen in Alsfeld Migranten sind, die hier verweilen wollen oder doch Beizeiten in größere Städte ziehen werden oder Deutschland ganz verlassen.

Was Beschäftigte der zukünftigen Lehrerakademie angeht, werden sicherlich einige auch den Weg zur Ansiedlung nach Alsfeld finden. Bei den zu erwartenden Logistikbeschäftigten für das neue Industriegebiet wird es schon schwieriger. Der Arbeitsmarkt in der Logistik ist leer und um die Mitarbeiter in der Region Ost- und Mittelhessen wird heftig gerungen. Ob Mitarbeiter in niedriger Gehaltsklasse extra nach Alsfeld ziehen werden, bleibt sehr ungewiss.

Laut Aussagen der Wohnungsbaugesellschaften und der Sozialverbände brauchen wir im Vogelsberg vor allem Wohnraum für ältere Menschen, kleine Wohnungen werden stark nachgefragt und preiswerte mietpreisgebundene Wohnungen werden benötigt.

Mit der Ausweisung neuer Baugebiete ist zunächst noch kein neues Haus auch tatsächlich gebaut. Die Stadtpolitik wird sich deshalb auch Gedanken machen müssen, in welchem Umfang wirklich gebaut werden muss, wer baut und wie die Stadt die Entwicklung in der Bauleitplanung ökologisch und sozial steuern will.