CDU und UWA sind entschiedene Befürworter dafür, dass große Logistikunternehmen auf das geplante Gewerbegebiet am weißen Weg kommen. Sie wähnen sich bei ihren Entscheidungen auf der Straße des Fortschritts.
Unbestritten ist die Versiegelung einer landwirtschaftlichen Fläche von 440.000 qm, auch die enorme Zunahme des LKW- und Lieferverkehrs, nebst PKW von hunderten Beschäftigten ist nicht von der Hand zu weisen. Aber diesen Belastungen gegenüber sehen CDU und UWA gravierende Vorteile, die sie leiten.
Dabei sind deren Grundannahmen schon fragwürdig:
Noch immer gilt weit verbreitet Wirtschaftswachstum als Grundlage unseres Wohlstandes. Wachstum bedeutet aber auch steigenden Energie- und Ressourcenverbrauch und damit einhergehend Zerstörung der Umwelt und unserer Lebensgrundlagen. Darüber hinaus sind die Wachstumsraten in Europa der letzten Jahre erheblich geschrumpft und keine noch so geschickte Industrie- und Wirtschaftspolitik hat daran bisher etwas geändert. Auch alle Vorstellungen, Wirtschaftswachstum und steigenden Ressourcenverbrauch von einander zu entkoppeln, sind bisher reine Ideen.
Deshalb stellt sich deshalb vor allem die Frage, muss Alsfelds Wirtschaft durch Ansiedlung vor allem großer Unternehmen unbedingt stark wachsen?
Die zweite fragwürdige Annahme geht davon aus, dass eine geringe Bevölkerungsdichte schlecht sei und eine hohe gut. Dabei zeigen die Metropolen, welche Infrastrukturprobleme und Belastungen der Lebensqualität bei dichter Besiedlung entstehen. Auf dem Lande geht bei etlichen die Angst um, wie in manchen Regionen Ostdeutschlands durch dünne Besiedlung zu einer vergessenen Geisterregion zu werden. Bleibt also die Frage, muss Alsfeld unbedingt wachsen, je mehr, desto besser?
Eine dritte fragwürdige Annahme besteht in der Vorstellung: Jung ist gut und alt gleich Vergreisung. Die Alsfelder Bevölkerung wird älter. Die Tatsache, dass die Lebenserwartung steigt und die Menschen dabei häufig auch länger aktiv bleiben ist zunächst mal ein Gewinn. Ein verbreiteter Jugendkult ängstigt sich aber davor, dass eine Stadtgesellschaft älter wird. Mit einer älteren Gesellschaft wird das Zusammenleben in einer Kleinstadt zwar anders, aber keineswegs schlechter.
Wenn man das alles bedenkt, dann braucht Alsfeld für den Erhalt seiner Lebensgrundlagen weder gigantische Gewerbeansiedlungen noch zwanghaft die Suche nach mehr Bewohnen, zumal es ja schon einen leichten Trend des Umzugs aus den überfüllten Metropolen aufs Land gibt.
Die großen Logistiker schaffen Arbeitsplätze, heißt es. Das ist ganz sicher so und doch wird sich etliches dabei relativieren.
Im neuen Gewerbegebiet könnten mittelfristig etwa 1000 Arbeitsstellen entstehen. Die meisten davon für einfache Lagerarbeiter und in der Nachtschicht. Laut Angaben aus dem Internet verdienen bei DHL Lagerhelfer 10,44 Euro / Stunde. Lagermitarbeiter in Vollzeit liegen so bei 2088 Euro im Monat Bruttogehalt.
Niemand weiß heute, wie sich der lokale Arbeitsmarkt 2024 darstellen wird.
Nach der Gemeindestatistik von 2020 hatte Alsfeld 6.063 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Mehr als die Hälfte arbeitet aber außerhalb Alsfelds (3.323) und pendelt zur Arbeit. Die Gründe dafür sind nicht bekannt, aber alleine 4.142 Menschen pendeln von auswärts nach Alsfeld, um hier zu arbeiten. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist anzunehmen, dass ein steigendes Arbeitsplatzangebot für einfache Arbeiten die Zahl der Auspendler nicht gravierend reduzieren wird, aber gewiss die Zahl der Einpendler für die Nacht erhöhen dürfte.